Dienstag, Mai 02, 2006

Veränderung

Auf die Frage
Würden Sie sich vorrangig einer Gruppe nach sexueller Ausrichtung zuordnen?
habe ich mit "Nein" geantwortet. Über die Deaktivierung meines Profils denke ich auch schon länger nach. Seit einer ganzen Weile passen wir, die schöne schwule heile Welt und ich, nicht mehr zusammen. Schade, dabei hatten wir so "unendlich viel Spaß" zusammen.

Unser, wenn gleich auch nicht verheißungsvoller Beginn muss wohl vor 5 Jahren gewesen sein. Von da an zahllose sprachlosmachende Momente, unaufgefordert gezeigte (Selbst-)Bildnisse und leichtfertige Bekenntnisse.
Alles war so schön aufgeräumt, Brüche gab es kaum.

Es gab schwul und dann, ja dann gabs da draußen auch noch die Anderen. Das Andere war anders; war hetero, war dick, war dünn, war klug, war dumm, war unbequem. Wir waren drin, alle andere draußen. Drin war es warm, aufgeräumt (die meisten sahen aus wie alle anderen von uns auch), Probleme hatten wir nie, sei denn die Haare waren nicht perfekt (grooooßes Problem!!). Hinter der rosa Brille zog die Welt so vorbei; Gewalt, aufkeimender Rechtsradikalismus, Klimaveränderungen und Armut interessierten die meisten nicht weiter - sind auch denkbar ungeeignete Themen für nen unbeschwerten Abend, das gebe ich ja zu.

Und plötzlich merkte ich: Bist gar nicht drin sondern draußen. Die Welt ist nicht rosa, die wenigsten Probleme schwulenspezifisch und deine Selbstsicht nicht in erster Linie schwul, dein Alltagslook nicht der des Latexfreaks, der attraktive Typ gegenüber ein Mensch, nicht nur heißer Body mit süßem Face. Die immerwährenden Offerten zu Sex sind Ausdruck gesteigerter Langerweile und oftmals trauriges Selbstbekenntnis uniformer Lifestyle-Opfer.

Ich wollte daraufhin schreien, doch kaum jemand hört zu. Die sind beschäftigt mit ihrem kümmerlichen Selbst.
Fällt man durchs erste Raster oder lässt man sich nicht einordnen ist man für die Masse gestorben.

Für die meisten Schwulen bin ich, sobald ich mich artikuliere befremdlich bis hin zu angsteinflößend. Die meisten Leute der schönen heilen schwulen Welt sind mir suspekt, unverständlich, oberflächlich, ja, meist unsympathisch. Die schöne schwule heile Welt ist nicht und ich bin nicht sie. Sie ist ein falsches Konstrukt, repräsentiert unzureichend die Facetten, ist Schutz vor allen unbequemen Belangen und maximal ein schlechter Hort, aus dem es sich lieber gestern als heute gilt wieder zu emanzipieren.

Was ich dann bin? Wieder ein Stück weiter und sehr froh über die gewonnene Zeit.

Kategorie: Denken

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