Mittwoch, Dezember 17, 2008

Das Spektrum reichte von harmlos bis befremdlich

Harmlos: Eine betrunkene Russin bittet mich, ihr Brot abzuschneiden. Erklärung (bitte in schöner akzentualer Färbung vorstellen): "Ich bin zu betrunken, kannst du mir eine Scheibe von dem Brot abschneiden?". Natürlich. Während der Kampf mit dem Brot seinen Lauf nimmt, fällt die Russin mir um den Hals und begutachtet meine Piercings. Ging auch gut aus der Perspektive, sie war ja direkt daneben. Jedenfalls haut sie dabei irgend so einen Dip vom Tisch, der sich dann hübsch auf Boden und Kleidung anderer verteilt. Brot mit den Worten "Vielleicht auch lieber das nächste Glas Alkohol durch noch eine Scheibe Brot substitutieren" und vorwurfsvollem Blick überreicht. Danach mich wieder dem bestriechendsten Gast zu gewendet.

Befremdlich: Gespräche mit Leuten führen, deren Gesicht man kennt. Die Namen sind Fische in einem großen dunklen Teich und tauchen immer nur ganz kurz auf, dann ein Geistesblitz aber nicht lang genug, um den Namen zu fassen. Irgendwie doof, daher alle geduzt und gehofft, dass Getränke die Erinnerung beleben. Halfen aber nicht. Namen sind Schall und Rauch, sag es ja immer wieder.

Richtig gruselig: Menschen freundlich ansprechen, die dich im Gegenzug mit folgendem Programm "verwöhnen".
Erste Option: Mann erschrickt furchtbar als du ihn ansprichst und scheint sich zunächst gar nicht mehr zu erholen. Daher auf die Frage "Na, wie gehts?" heftiges Räuspern, eine Körpersprache, die auf Atemnot schließen lässt. Nach kurzer Erholungsphase und mehr Glühwein gings etwas lockerer. Immerhin noch kein hoffnungsloser Fall.

Zweite Option: Du lächelst freundlich an und dein Gegenüber guckt total perplex. Kann passieren, denkst du dir und gehst hin und sagst "Hallo". Mann wird gar nicht mehr wieder, bringt abgesehen von äußerst verspannten Antworten in Form eines hervorgepressent "Ja" und "Nein" nichts weiter heraus. Bei jeder Frage guckt er ganz leidend, du denkst, er lebt gleich ab oder was ähnlich furchtbares. Interessante Gespräche verlaufen anders - die sehr einseitige Kommunikation daher recht bald beendet. Hatte Mitleid und will ja niemanden absichtlich leiden lassen.

Stark verunsichert bin nun ich. Sehe ich gefährlich aus? Eilt mir ein schlimmer Ruf voraus, von dem ich nichts weiß? War ja noch nicht mal einer meiner Tutoriumsstudenten dabei. Da hätt ichs ja verstanden, wenn die Angst vor mir verspüren. Aber auch dort bin ich nie wirklich böse, frustriert hingegen manchmal schon!

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