Mittwoch, Dezember 05, 2007

So funktioniert Aids-Aufklärung in Brasilien

Im brasilianischen Fernsehen läuft gegenwärtig eine Aufklärungskampagne in Sachen Safer Sex.
Hier mal die zwei Clips mit kurzem Kommentar.

Folgendes Setting: Töchterchen, welches mit der rüstigen Mutti zusammenlebt, stürzt aufgeregt zur Tür und empfängt den - zugegebenermaßen ja wirklich niedlichen - neuen Freund. Leidenschaftliche Küsse, Mutti, bisher ganz vertieft in televisão, horcht bei so viel Emoção auf und wirkt etwas verärgert über das zur Schau gestellte Liebesglück. Prompt muss das Töchterchen den Kleinen vorstellen (winkt freundlich, vgl. Bild) und Mutti fragt prüfend: "Dein neuer Freund, ja?". Die Tochter (völlig logisch bei ner Mutti, die die Hosen an hat) lässt sich natürlich nicht die Butter vom Brot nehmen und stellt gleich klar: "Er wird heute Nacht hier schlafen".
Darauf springt Mutti auf und meint wild gestikulierend: "Moment, mein Kind. Da habe ich doch etwas für dich." und kramt aufgeregt in ihrer Handtasche.





Und natürlich, in der Handtasche einer Frau findet sich für wirklich jede erdenkliche Situation das Passende. Mama hat selbstverständlich ein Kondom in petto, welches sie wohlmeinend der Tochter reichen möchte (s. Bild).
Dessen aber nicht genug, die Birne fällt nicht weit vom Stamm, denn das Töchterchen meint nur gelangweilt: "Habe ich doch selbst dabei."
Die beiden verschwinden zur Tür hinaus und ins Bild tritt eine brasilianische Sängerin (Popstar) und bringt noch die Moral von der Geschicht: "Du kannst nicht erwarten, dass alle so gut vorbereitet sind, deshalb sorge selbst für deinen Schutz".





So, der zweite Clip ist eigentlich noch konstruierter (aber deshalb auch noch witziger).
Das Setting ist ungefähr so: konservative Kleinfamilie mit einem Kind, Papa spielt SuDoKu oder guckt auch televisão, Typ Handwerker oder Installateur, die Mãe (eher untergeordnete Rolle) sitzt am PC oder tippt irgendwas auf ner Schreibmaschine. Im Hintergrund packt der Sohn seine Sachen und meint "Ich geh jetzt mal.". Wie sich das gehört, drückt er seinen beiden Erzeugern einen Kuss auf die Wange (s. Bild).
Worauf Mutti besorgt fragt "Hast du etwas, um dich zu schützen, mein Junge?".







Der schwule Sohn (auch wirklich hübsch, Lob an die Casting-Agentur, mal kein schwuler Stereotyp sondern wirklich mal ganz lebensnah gezeichneter Charakter) ist verdutzt (s. Bild, steht perplex da). Jetzt kommt auch noch Papa wieder ins Spiel und verschlimmbessert (Handwerker!) die Situation. Mit dem Charme eines Oberlehrers sagt er: "Nimm es mal lieber mit, du weißt nie ob dein Freund eines hat oder nicht."
Der Sohn, völlig überrumpelt, nimmt das Kondompäckchen, packt die letzten Sachen in seine Tasche und flitzt zur Tür hinaus.
Jetzt kommt wieder Negra Li (der Popstar) ins Spiel und bringt die Moral.
Mit soviel Verständnis hat der Sohnemann natürlich nicht gerechnet und prompt platzt er nochmals in die Szene und schnappt sich aus ihrer Hand das vergessene Kondompäckchen.

Ich hatte gleich folgenden Gedankengang:
  • Gibt es nun eine Art Outingwelle in Brasiliens (doch gar nicht so) konservativen Kleinfamilien? Denn das hier war ja quasi eine Art Schulfilm. Man könnte, wenn man denn in die Situation käme, wo man meint, sich jetzt outen zu müssen, einfach diesen Film anmachen und dann sagen: "So, Mama, Papa, ich geh' dann mal, ihr wisst ja wohin.".
  • Und nicht ganz ohne Neid: Warum musste ich während meiner Schulzeit immer schlechte und auch noch ausschließlich heterosexuelle Aufklärungsfilme ansehen?
Achso: Ministério de Saúde

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

spannender bericht aus einem land mit einer äußerst interessanten (und wohl teilweise (medikamente) recht erfolgreichen aids-politik!
http://www.ondamaris.de

Peter hat gesagt…

Ja, ich denke auch die Clips dürften auf Grund ihrer einfachen, alltagsnahen und doch erfrischenden Art und Weise junge Leute tatsächlich erreichen.

Danke für dein Comment! :)