Würde über mein Sexleben ein Artikel in der Wikipedia geführt, so stände darüber "This article is a stub. You can help by expanding it."
Es könnte sicher schlimmer sein, um kategorischen Nörglern gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es könnte aber auch besser sein. Nach jedem Orgasmus in letzter Zeit beschlichen mich Gedanken wie: das kannst du geiler haben, das kann man sicher anders machen, mit dem und dem würdest du gerne mal - und überhaupt, es wär nett, wenn hier mal richtig die Post abginge. (Mit meinen gesunkenen Ansprüchen wäre es für mich Grund zur Freude, würde mein Freund statt schweren Seufzern mal über schwere Eier klagen und sich nicht gleich bei der ersten Berührung panikartig wie eine Nacktschnecke zusammen ziehen...
Die Realität ist aber weitaus ernüchternder. Ich glaube fast, ich bin heute (sagen wir "jetzt")im asexuellen Zustand des modernen Menschen angekommen. Das Kuriosum ist, dass mich 90% der potentiell erreichbaren Leute nicht reizen. Neulich war ich auf nem lesbischwulen Straßenfest und außer den toleranten aber nicht zwangsläufig an Sex interessierten Punks (und meinem Freund, gleiche Interessenlage auch für ihn), war da nichts, was irgendwie anturnend gewesen wäre. Am Rande sei die Bemerkung gestattet, dass ich die Leiterin von ner lokalen Lesbeneinrichtung bis mir jemand steckte, dass sie ne Frau ist, total heiß fand. Sah halt wie'n süßer Typ aus. Sorry..
Daher habe ich überlegt, ob ich überhaupt schwul bin. Immerhin spricht eigentlich nicht viel für mein Schwulsein: ich dusche, rasiere und pflege mich wie jeder Durchschnittshetero (bei den heutigen Maßstäben liege ich wahrscheinlich schon an der Grenze zu ungepflegt), gehe halb sooft wie in der Men's Health empfohlen zu Friseur und kann mit einer Bohrmaschine umgehen, ohne mich lebensgefährlich zu verletzen. Ich meine, dass sind alles keine harten Fakten, aber außer dass ich (meistens? Irgendwie haben Frauen doch körperliche Aspekte, mit denen ich nicht klarkommen kann, an sich, möglicherweise stellen Lesben da eine Ausnahme dar - ich recherchiere noch) auf Männer stehe, habe ich inzwischen mehr Inkompatibilitäten als Gemeinsamkeiten mit Schwulen feststellen können. Wenn ich mich vergucke, dann grundsätzlich in das megatolerante Alphamännchen des Heteropaares das zum Straßenfest vorbeischaut oder in Punks nicht zu determinierender sexueller Ausrichtung (was ja nichts negatives bedeuten muss).
Ich will mich ja nicht beschweren, aber wo sind die gottverdammten Klubs, Vereine, Sticker, Halsbänder, Foren und Präventionsmaßnahmen für Leute wie mich? Warum muss alles immer rosarot oder bärig sein, was für Schwule ist? (Genauso gut könnte ich fragen: Warum muss alles was mit SM oder Latex, Lack und Kunstleder zu tun hat, bei Gothic Music oder ebensolchen Klubs stattfinden?)
Ein kleiner Trost ist ja, dass 3 von 3 Schwulen meines Bekanntenkreises auch so drauf sind (wir also nur noch 2 weitere Leute für unseren eigenen Verein zum Betreiben von Ausgrenzung benötigen) und der Anfang für den Wiki-Artikel jetzt gemacht ist. Und mal ehrlich, ich kenne keinen Stub, der so ausführlich ist...
Kategorie: Wie es ist
3 Kommentare:
Müssen Schwule überhaupt rosarot-schwul aussehen?
Nach dem was du geschrieben hast, müsste ich nun auch denken, dass ich "nicht" schwul bin...
Müssen Schwule denn überhaupt rosarot-tuckig-schwul sein?
Nach deinem Statement müsste ich nun auch von mir denken, dass ich so schwul gar nicht sein kann...
Ich glaube, darum ging es mir bei diesem Post. Ich habe überlegt, wieso die Schwulen bei diesem Fest nur rosa-rot oder bärig waren.
Und um Himmelswillen sollten Schwule eben nicht nur so aussehen. [Für meinen Teil bevorzuge ich Schwule, die in erster Linie interessant sind und nicht im selbstgestrickten Klischee leben.]
Vielleicht sind wir/bin ich ja auch nicht schwul. Ich meine, möglicherweise finde ich es besser, das ganze einfach auf sexueller Ebene zu sehen (man könnte "sexuell" oder meinetwegen auch homosexuell sagen). Ich glaube daher immer weniger, dass man tatsächlich etwas wie schwule "Kultur" braucht; sie könnte aber nützlich für jüngere Homosexuelle sein.
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