Neues Jahr hin oder her, ein paar Sachen hängen noch aus dem alten Jahr nach:
You I Love (2004)
Dieser Film hat mein Harmoniebedürfnis wirklich beinahe vollständig gedeckt und mein ästhetisches Empfinden auf angenehme Weise "stimuliert".
Wer meint, ein guter Film müsse zwangsläufig in seiner Handlung komplex oder hochkarätig besetzt sein, dem sei "You I Love" ans Herz gelegt. Ich bin nicht hinreichend über den Bekanntheitsgrad Damir Badmaevs (im Film Uloomji) informiert, würde aber behaupten, er zählte vor seinem Auftritt in "You I Love" nicht zu den Größen des russischen Filmbusiness.
Die Handlung ist einfach, linear, nicht hektisch. Mit der Begegnung Timofeis (Evgeny Koryakovsky) und Veras (Lyubov Tolkalina) in einer Betriebskantine wird eine sich entwickelnde Liebesbeziehung gezeigt. Irgendwann taucht Uloomji auf und stürzt auf die Motorhaube von Timofeis Auto. Dem jungen Mann fehlt augenscheinlich nichts und er übernachtet bei Timofei. Timofei, Werbemacher im "aufstrebenden Russland" mit so brillianten Spots wie "What is love? Cola is love!", erliegt rasch der Faszination Uloomjis. Irgendwann überrascht Vera die beiden und aus der nach bürgerlichen Maßstäben "ordentlichen" Beziehung zwischen Vera und Timofei versucht Filmemacherin Olga Stolpovskaja eine Art befreiendes Roadmovie mit Happy End zu machen, in dem es weniger um das "richtig", noch "falsch" sondern eher um das "es ist" geht.
Mich hat diese natürliche Einfachheit und Authentizität, die Badmaev in der Figur Uloomjis verkörpert, begeistert. Uloomji stammt aus einer einfachen Familie, wuchs mit Mutter und Rentieren auf dem Land auf. Die Einrichtungen der städtischen Welt (EC-Automat, elektrisches Licht) sind komplex, faszinierend und doch begegnet er ihnen mit imponierender Ablehnung.
Der Figur Uloomjis wohnt dank der Besetzung durch Badmaev eine Faszination inne, die sich vielleicht am ehesten mit "animalisch", "erotisch", "natürlich" und "sanft" umschreiben ließe. Schon das Gesicht, sein Blick drückt unheimlich viel aus, finde ich.
Ich finde die in einigen anderen Kritiken erwähnten Vergleiche zu "Sex in the City", bzw. die Vorwürfe eines inakkuraten Kapitalismusbildes und klischeehafter Stereotype unangebracht.
Bezüglich der Vergleiche kann ich nur sagen, der Film zieht bedeutend weiter. Hier geht es nicht darum, ob und wer den schönsten jungen Mann abbekommt. Hier geht es um die Beziehung zwischen unterschiedlichen Menschen mit völlig verschiedenen Lebensentwürfen und um die Aussage, dass auch so verschiedene Lebensentwürfe harmonieren können.
Stichwort inakkurates Kapitalismusbild: Doch, doch, genau so absurd, grotesk und überzeichnet spielt sich der Kapitalismus in den "sich öffnenden Märkten" im Osten von und Osteuropas ab. "What is Love? Love is Cola!" - konsumistische Sinnfreiheit.
Klischeehafte Darstellungen: Schwulenparties mit halb- oder nackten Tänzern gibt es wirklich, gleiches gilt für den schnellen Sex auf der Toilette, auch zu dritt. Es gibt schwule Abgeordnete, es gibt intolerante Menschen und die Architektur Moskaus ist tatsächlich so abweisend, kalt und unwirklich und auch die Ablehnung gegenüber jedweden Minderheiten ist so wenig überzeichnet, wie sie ein exklusiv russisches Motiv ist.
Fazit: Ein schöner Film, der mehr Aufmerksamkeit verdient und aus seinem Schattendasein herausgeholt werden sollte. Einfache Charaktere, eine liebenswerte Story und attraktive Schauspieler.
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