Samstag, Dezember 15, 2007

Mixtape auf CD 12/2007


Bluebells (21 Tracks, 79:07)

01. "The Man Who Came To Stay" - Babyshambles (Killamangiro, 2004) 3:50
02. "Waltz #1" - Elliott Smith (XO, 1998) 3:22
03. "Para el fin del mundo o el año nuevo" - Lhasa (The Living Road, 2003) 4:23
04. "Your Worst Is The Best" - I Love You But I've Chosen Darkness (I Love You But I've Chosen Darkness, 2003) 4:01
05. "Brazil" - Arcade Fire (Rebellion (Lies), 2005) 3:54
06. "Punk Is Dead" - Jeffrey Lewis (12 Crass Songs, 2007) 2:57
07. "Several Thousand Years Of Talking Nonsense" - The Crimea (Secrets Of The Witching Hour, 2007) 3:21
08. "Með Blóðnasir" - Sigur Rós (Takk..., 2005) 2:17
09. "Sunshowers" - M.I.A. (Arular, 2005) 3:16
10. "The Tide That Left And Never Came Back" - The Veils (The Runaway Found, 2004) 3:08
11. "I Will Kill Again" - Jarvis Cocker (Jarvis, 2006) 3:47
12. "I Love Lovely Chinese Gal" - White Whale (WWI, 2006) 3:30
13. "Cherbourg" - Beirut (The Flying Club Cup, 2007) 3:33
14. "Purificar O Subaé / Cantiga Para Janaína (2)" - Maria Bethânia (Brasileirinho, 2004) 3:30
15. "Cigarettes And Chocolate Milk" - Rufus Wainwright (Poses, 2001) 4:00
16. "Dog Shelter" - Burial (Untrue, 2007) 3:03
17. "Bananas" - Hard On (Fi(r)st Fuck, 2007) 5:06
18. "Bluebells" - Patrick Wolf (The Magic Position, 2007) 5:14
19. "What's So Strange?" - The Mary Onettes (Lost, 2006) 3:18
20. "Little Drummer Boy" - Low (Christmas, 2000) 4:52
21. "Cold White Christmas" - Casiotone For The Painfully Alone (Daytrotter Session May 15, 2006) 4:45

Aus dem Booklet:

1.Den Opener am Ende des Jahres machen die Babyshambles mit The Man Who Came To Stay, Und es fällt mir kein Bisschen schwer zu sagen, dass ist mein Lieblingssong der letzten Wochen. Kommt von der Single aus Down In Albion, falls jemand noch keinen Weihnachtswunsch oder Geschenk für Mama oder Papa hat...

2.Vielleicht ist wirklich etwas dran, wenn Joey Goebel schreibt: Genies müssen leiden. Elliott Smith rechne ich zu den begnadetsten Songwritern und tragischsten Interpreten unserer Zeit. Nach einem sicher intensiven (im Guten wie im Schlechten) aber kurzen Leben verstarb Smith 2003 und hinterließ seine großartige Musik. Waltz #1 vom 1998er Album XO.

3.Para el fin del mundo o el año nuevo ist eigentlich purer Zufall. Denn: Lhasa de Sela hatte schon mehrfach beschlossen, es mit dem Musikmachen bleiben zu lassen. Erst fuhr die kanadische Amerikanerin mit polnisch-französisch-spanisch-libanesisch-schottisch-russischer Abstammung in einem umgebauten Schulbus durch die Staaten, dann ging sie nach Montreal um in Bars zu singen und schließlich hatte sie davon auch genug und begab sich in einen Circus nach Frankreich. Dann bleiben wir wohl auch mal schön in Bewegung im año nuevo.

4.I Love You But I Have Chosen Darkness sind eine ganz charmante Gruppe aus Texas und wer hätte gedacht, dass Sachen aus Texas auch mal so erfreulich sein könnten? Von der selbstbetitelten EP habe ich Your Worst Is Your Best ausgwählt, weil mein Lieblingsspruch von V. Huidobro "Entwickle deine Schwächen, sie sind der interessanteste Teil deiner Persönlichkeit" ist und der Titel ja gewissermaßen die Kurzform davon ist.

5.Wie viel Kitsch darf es denn jetzt gerade sein? Weihnachten ist ja auch ein Ereignis dem irgendwie Pathos, Tradition und zuweilen auch Kitsch innewohnt. Aus diesem Grund und aus meiner Brasilien-Faszination heraus, habe ich das unübertreffliche Brazil von Arcade Fires Rebellion (Lies)-Single ausgesucht. Und ist Kitsch nicht auch manchmal schön? Hm?

6.Schwierige Überleitung - versuchen wir es mal: Jeffrey Lewis ist ja seit der Punk On The Lower East Side-CD den meisten ein Begriff. Nun hat der junge Mann sich hingesetzt und ein Album mit 12 Crass-Songs aufgenommen. In Punk Is Dead besingt er das Ende des Punk und weil das so schön kritisch ist (sich auch auf die Konsumweihnacht, welche die Wirtschaft gerne hätte, dass wir sie leben, beziehen lässt), hat es den Weg auf dieses antikapitalistische, weil verschenkte, Weihnachtsalbum gefunden :-)

7.Antikapitalistisch waren auch The Crimea, sie haben ihr Album Secrets Of The Witching Hour spontan mal im Sommer dieses Jahres verschenkt. Und weil mir soviel Generosität ungeheuer imponiert, verschenke ich Several Thousand Years Of Talking Nonsense daraus ganz einfach weiter. Texthören lohnt sich auch hier.

8.Im Gegensatz zu Sigur Rós' Með Blóðnasir, denn hier geht es weniger um das textliche "oh oh oh woho" sondern um die Instrumente. Das könnte so der kleine Lückenfüller zwischen Weihnachtsschmaus und Kaffeetrinken am zweiten Feiertag sein. Da tut etwas Abwechslung eh meistens Not...

9.Mit M.I.A.s Sunshowers (großartiges Video) kann man gleich weiter tanzen. Eine faszinierende Engländerin aus Sri Lanka, ihr Vater ist in den Tamil Tigers organisiert, glaube ich, macht eine Art Ethno-Irgendwas. Jedenfalls sehr interessant und schon vorgemerkt für meine nächste Spezial-CD. Übrigens: MTV hat sich wegen der Zeile "Like PLO I won't surrender" geweigert, den Song zu senden. Naja, hätte sich halt auch als recht kritische Ausnahme zwischen den Klingeltönen und Date My Ex-Girlfriend-Shows nicht so gut gemacht...

10.Ich persönlich würde mir dann wünschen, dass genau diese Shows auf The Veils The Tide That Left And Never Came Back davonschwimmen. Leider kann man nicht alles haben, aber The Runaway Found (2004) kann man durchaus besitzen oder an Mamas, Neffen oder Brüder verschenken.

11.Hehe, für die Festtage habe ich auch etwas (pseudo-)besinnliches ausgesucht: In I Will Kill Again singt Jarvis Cocker von der unerträglichen Leichtigkeit des Daseins als Mitglied der Mittelklasse - denke ich jedenfalls. "'cause given half the chance I know I will kill again" klingt musikalisch so hübsch verpackt gar nicht mal schlimm, da schwingt sogar die Tante beim Kaffee ganz unbewusst mit. Ja, Musik ist nicht zu unterschätzen.

12.White Whales I Love Lovely Chinese Gal finde ich faszinierend. Sehr mag ich dieses chorgleiche Arrangement und den Hall. Ich weiß nicht genau, was das chinesische Mädchen mit Weihnachten zu tun haben könnte aber über diese inhaltliche Schwäche bitte ich hinwegzusehen.

13.Was könnte man nicht alles über Beirut schreiben: Zach Codon als junges Genie, Beiruts Stil als ungewöhnliche Mischung von Folk, Pop und Weltmusik. Das alles ist ja ganz nett, aber mich beeindruckt am meisten, dass er das ganze allein macht, der Typ ist 21! Da habe ich in meinem Zivi-Kindergartenkeller gesessen. Jetzt aber keine Kellermusik, Bühne frei für Cherbourg und die herrlichen Balkanklänge.

14.Land des Klangs? Klar, Brasilien! Auf ihrem 2004er Brasileirinho ("Brasilianerchen", geht einfach nicht, Deutsch hat keine ernsthaften und schönklingenden Diminutive...) singt Frau Bethânia viel über die schwarze Kultur Brasiliens und rezitiert an manchen Stellen auch Verse von Vinícius Moraes. Noch etwas Chor und ein paar Worte afrikanischen Ursprungs dazu und fertig ist Purificar O Subaé / Cantiga Para Janaína (2).

15.Was haben die Scissor Sisters, Elton John und Rufus Wainwright gemeinsam? Ehm, ja, genau, die machen auch alle Musik. Egal, bleiben wir bei der Musik. Ich gestehe, ich bin im Rufus-Wahn. Ich kann leider gar nichts dagegen tun. Nicht genug, dass er hervorragende Texte singt, nein er hat auch noch Ausstrahlung. Zum Ende des Jahres hören wir, wie er über (s)eine problematische Zeit mit vielen Parties, vielen Drogen (Crystal Meth), Zigaretten und eben Schokomilch singt. Cigarettes And Chocolate Milk - einer meiner liebsten autobiographischen Songs.

16.So, Licht bitte aus. Überhaupt nicht weihnachtlich kommt Burials Dog Shelter daher. Aber die CD kann nicht nur harmonisch dahinwabern. Für Dub-Step-Kontraste sorgt der Unbekannte (kein Photo von dem zu finden und nur 5 Leute in seinem Bekanntenkreis wissen, dass er Musik macht & seit Wochen die alternativen Hitlisten anführt) und macht Weihnacht mal "anders". Übrigens, Untrue ist ein großartiges Album mit dem man die geschmacksverirrte Techno-Compilation-Generation läutern könnte.

17.Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber Weihnachten habe ich eigentlich schon immer keine Lust mehr auf Citrusfrüchte. Man hat ja praktisch seit Ende Oktober Apfelsinen, Clementinen und Mandarinen ohne Unterlass zu verzehren. Und wo wir auch bei Kontrasten waren, gibt es nun Hard Ons Bananas für euch zum Fest. Sind Bananen eigentlich Früchte der Liebe..?

18.Heute hört meine CD etwas eher auf. Es gab einen Song, von dem ich seit dem Frühjahr wusste, dass er auf diese CD kommen würde: Bluebells. Es ist gleichzeitig auch ein Künstler, den ich vermutlich auch sehr vermissen werde. Geht mit Patrick Wolf ("I'm goin' nowhere fast") ins neue Jahr, jedoch nicht

19.ohne euch zu fragen: What's so strange [about us]? Und offengestanden, so schön traurig wie The Mary Onettes singt niemand. Deshalb ist es auch völlig unerheblich, ob oder wie komisch ihr meine zwei letzten Weihnachtssongs findet. Sicher ist jedoch, mir hat es viel Vergnügen bereitet

20.Lows eigenwillige Little Drummer Boy-Interpretation und

21.Casiotones traurig-schönes Cold White Christmas herauszusuchen.

Frohes Fest und bleibt mir gesund!

Mittwoch, Dezember 05, 2007

So funktioniert Aids-Aufklärung in Brasilien

Im brasilianischen Fernsehen läuft gegenwärtig eine Aufklärungskampagne in Sachen Safer Sex.
Hier mal die zwei Clips mit kurzem Kommentar.

Folgendes Setting: Töchterchen, welches mit der rüstigen Mutti zusammenlebt, stürzt aufgeregt zur Tür und empfängt den - zugegebenermaßen ja wirklich niedlichen - neuen Freund. Leidenschaftliche Küsse, Mutti, bisher ganz vertieft in televisão, horcht bei so viel Emoção auf und wirkt etwas verärgert über das zur Schau gestellte Liebesglück. Prompt muss das Töchterchen den Kleinen vorstellen (winkt freundlich, vgl. Bild) und Mutti fragt prüfend: "Dein neuer Freund, ja?". Die Tochter (völlig logisch bei ner Mutti, die die Hosen an hat) lässt sich natürlich nicht die Butter vom Brot nehmen und stellt gleich klar: "Er wird heute Nacht hier schlafen".
Darauf springt Mutti auf und meint wild gestikulierend: "Moment, mein Kind. Da habe ich doch etwas für dich." und kramt aufgeregt in ihrer Handtasche.





Und natürlich, in der Handtasche einer Frau findet sich für wirklich jede erdenkliche Situation das Passende. Mama hat selbstverständlich ein Kondom in petto, welches sie wohlmeinend der Tochter reichen möchte (s. Bild).
Dessen aber nicht genug, die Birne fällt nicht weit vom Stamm, denn das Töchterchen meint nur gelangweilt: "Habe ich doch selbst dabei."
Die beiden verschwinden zur Tür hinaus und ins Bild tritt eine brasilianische Sängerin (Popstar) und bringt noch die Moral von der Geschicht: "Du kannst nicht erwarten, dass alle so gut vorbereitet sind, deshalb sorge selbst für deinen Schutz".





So, der zweite Clip ist eigentlich noch konstruierter (aber deshalb auch noch witziger).
Das Setting ist ungefähr so: konservative Kleinfamilie mit einem Kind, Papa spielt SuDoKu oder guckt auch televisão, Typ Handwerker oder Installateur, die Mãe (eher untergeordnete Rolle) sitzt am PC oder tippt irgendwas auf ner Schreibmaschine. Im Hintergrund packt der Sohn seine Sachen und meint "Ich geh jetzt mal.". Wie sich das gehört, drückt er seinen beiden Erzeugern einen Kuss auf die Wange (s. Bild).
Worauf Mutti besorgt fragt "Hast du etwas, um dich zu schützen, mein Junge?".







Der schwule Sohn (auch wirklich hübsch, Lob an die Casting-Agentur, mal kein schwuler Stereotyp sondern wirklich mal ganz lebensnah gezeichneter Charakter) ist verdutzt (s. Bild, steht perplex da). Jetzt kommt auch noch Papa wieder ins Spiel und verschlimmbessert (Handwerker!) die Situation. Mit dem Charme eines Oberlehrers sagt er: "Nimm es mal lieber mit, du weißt nie ob dein Freund eines hat oder nicht."
Der Sohn, völlig überrumpelt, nimmt das Kondompäckchen, packt die letzten Sachen in seine Tasche und flitzt zur Tür hinaus.
Jetzt kommt wieder Negra Li (der Popstar) ins Spiel und bringt die Moral.
Mit soviel Verständnis hat der Sohnemann natürlich nicht gerechnet und prompt platzt er nochmals in die Szene und schnappt sich aus ihrer Hand das vergessene Kondompäckchen.

Ich hatte gleich folgenden Gedankengang:
  • Gibt es nun eine Art Outingwelle in Brasiliens (doch gar nicht so) konservativen Kleinfamilien? Denn das hier war ja quasi eine Art Schulfilm. Man könnte, wenn man denn in die Situation käme, wo man meint, sich jetzt outen zu müssen, einfach diesen Film anmachen und dann sagen: "So, Mama, Papa, ich geh' dann mal, ihr wisst ja wohin.".
  • Und nicht ganz ohne Neid: Warum musste ich während meiner Schulzeit immer schlechte und auch noch ausschließlich heterosexuelle Aufklärungsfilme ansehen?
Achso: Ministério de Saúde

Montag, Dezember 03, 2007

Maschinen können eben doch nicht immer Menschen ersetzen


Ja, die Magdeburger Volksstimme. Automatische Content-Management-Systeme haben halt den Nachteil, dass sie über kein Stilempfinden verfügen. Hätte man hier mal einen Menschen drüberschauen lassen, so hätte der sicher Folgendes angemerkt:
  • Schwarzafrikaner: Kann mal jemand den Eurozentrismus abstellen oder schreiben wir zukünftig auch von Weißeuropäern (die man immerhin 63 Mal im Netz findet)? Oder muss man dem durchschnittlichen Magdeburger "Schwarzafrikaner" präsentieren um ein Abgrenzungsmoment zu provozieren?
  • Bild des Tages: Schwarz und Weiß: Grober Fehler! Muss denn das Bild des Tages angesichts der aktuellen Meldung über "Schwarzafrikaner" unbedingt "Schwarz und Weiß" heißen?