Insomnia (19 Titel, 79:38)
01. "Brother" - Annuals (Be He Me, 2006) 3:43
02. "Steak For Chicken (Live '02)" - The Moldy Peaches (Moldy Peaches 2000: Unreleased Cutz and Live Jamz 1994-2002, 2002) 2:32
03. "Sax And Violins" - Talking Heads (Until The End Of The World, 1991) 5:18
04. "The Night" - Tséring Lodoe & A Filetta (Himalaya, 1999) 2:15
05. "Mecklenburg" - Audrey (Visible Forms, 2006) 4:43
06. "Paris, Texas" - Ry Cooder (Paris, Texas, 1985) 2:57
07. "Insomnia" - David Fridlund (Amaterasu, 2004) 3:15
08. "El Bananero (The Banana Vendor) - Rumba" - Unspecified (Songs and Dances of Honduras, 1955) 3:24
09. "La Chichera" - Victoria Santa Cruz (Rítmos Y Aires Afroperuanos, 2005) 2:00
10. "Cariñito" - Los Hijos del sol (The Roots of Chicha, 2007) 4:05
11. "Who Left The Lights Off, Baby?" - Guillemots (From The Cliffs, 2006) 5:02
12. "Calypsoid Band (Cousin Jamie, Redhead, Tomato)" - Various Artists (Caribeana, 1949) 10:24
13. "I Think I'm In Love (AKA)" - The Moldy Peaches (Moldy Peaches 2000: Unreleased Cutz and Live Jamz 1994-2002, 2002) 3:14
14. "Head on" - The Jesus And Mary Chain (Automatic, 1989) 4:12
15. "De Usuahia A La Quiaca" - Gustavo Santaolalla (The Motorcycle Diaries, 2004) 2:48
16. "Marinera" - Unspecified (The Dances of the World's Peoples, Vol. 3: Caribbean and South America, 1958) 2:46
17. "Falling on a Bruise" - Carter The Unstoppable Sex Machine (30 Something, 1991) 5:56
18. "Mist" - The Diableros (Aren't Ready for the Country, 2007) 4:31
19. "Go Forward" - Lisa Gerrard (Whale Rider, 2003) 5:53
Aus dem Booklet:
Geschätzte Audiophile und Audiophilinnen,
das Mixtape auf CD für den Februar liegt vor und ich stelle fest, es teilt so einige Merkmale mit dem Monat selbst: Ungehörigkeit, Unzumutbarkeit, Unvereinbarkeit und Ungereimtheit. Neben einigen Neuentdeckungen aus dem Bereich der westlichen Populärmusik, konnte ich nicht an mich halten und musste einige Stücke aus Folkways-Alben1 mit darauf packen. Die Auswahl ist somit gleichermaßen ungehörig, unzumutbar, in sich unvereinbar und hält daher einige Ungereimtheiten bereit. Aber wie sagte Churchill:
“Every day you make progress. Every step may be fruitful. Yet there will stretch out before you an ever-lengthening, ever-ascending, ever-improving path.2
You know you will never get to the end of the journey. But this, so far from discouraging, only adds to the joy and glory of the climb.”3
Fangen wir also mit der musikalischen Gipfelbesteigung an - ihr könnt nur gewinnen :-D
1.Das Pitchfork-Magazin schrieb über Be He Me der Annuals "We could be writing about this guys all year long.". Und genauso ist es auch, Brother ist ein Titel, der mir bei jedem Hören einen wohligen Schauer bereitet. Diese Energie, die da auf einmal losbricht, ist beeindruckend, oder nicht?
2.Ich weiß nicht, wie gut euch The Moldy Peaches gefallen haben, aber ich habe mir ihr Live-Album gleich noch besorgen müssen. Dort fand ich auch Kimyas und Adams neugestaltetes Steak For Chicken. Manchmal frage ich mich, woran man merkt ob eine Band gut ist. Ist es der Umstand, dass es sie nicht mehr gibt?
3.Der Februar steht auch im Zeichen einiger Soundtracks, Talking Heads' Sax And Violins stammt aus dem großartigen Soundtrack vom noch viel genialeren Wenders-Epos Bis ans Ende der Welt.
4.Auch von einem Soundtrack stammt The Night. Es ist die Musik zu Himalaya, einem Film über das Leben in Tibet. Ich gebe zu, das Ganze kommt etwas spirituell herüber, aber man darf es ruhig in voller Länge hören. Nach musikästhetischen Gesichtspunkten ist dieser Song ein kleines Meisterwerk.
5.Vom Himalaja zurück in heimische Gefilde. Ich habe keinen Schimmer, warum Audrey sich Mecklenburg als Titel für ihren Song gewählt haben. Die exklusiv aus Frauen bestehende Band aus England hat mich mit diesem Song erobert. Das Album Visible Forms hält jedoch insgesamt keine Höhepunkte, dafür aber eine beachtenswerte Gleichwertig- und -Stimmigkeit bereit.
6.So könnte Leere klingen. Ry Cooder fabriziert auf dem Soundtrack zu Paris, Texas eine Filmmusik die eigentlich Nichts darstellen will aber dabei zu Großem erwächst. Übrigens ein Film, mit Harry Dean Stanton und Natassja Kinsky, der überwältigend (emotional) ist.
7.Ich weiß nicht, ob therapeutisches Schreiben mir wirklich hilft. Aber David Fridlunds Song Insomnia ist großartig und lautet darauf, was mich so manche Nacht quält: Schlaflosigkeit. Abgesehen davon ist es einer der schönsten Pop-Balladen, die ich seit langem gehört habe.
8.So, jetzt kommt ein lateinamerikanischer Block. Auf einem Folkways-Album von 1955 habe ich diese Rumba mit dem vielsagenden Titel El Bananero4 entdeckt. Es geht darin um einen Verkäufer von Bananen, der sein Angebot besingt.
9.Victoria Santa Cruz bietet uns passend dazu den Verkäufer biederer Alkoholika dar. La Chichera5 würde wohl in unserem Kontext "der Spätshop" lauten und böte so allerlei Getränke zur Auflockerung des Alltages an. Zusätzlich wisst ihr nach diesem Song alles über Chicha und könnt vielleicht nachvollziehen, weshalb man auch über das Andenbier singt. Naja, wobei, so mancher Europäer singt ja auch nach seinem Pils/Lager, Ale.
10.So, wenn ich jetzt nicht die Kurve bekomme, verliere ich mich im Schreiben über Biere, also gibt es zum Abschluss dieses Themas das fröhliche Cariñito von Los Hijos del sol.
11.Eine meiner liebsten Neuentdeckungen sind die Guillemots. Das ist ja eine so schöne, sentimentale und mitreißende CD. Ich schwärme wirklich sehr dafür. Angetreten sind die Herrschaften um den Pop neu zu erfinden und ich kann dazu nur sagen: Das Rad kann man nicht zweimal erfinden, aber Verbesserung sind in diesem Falle sehr wohl erkennbar. Grandios.
12.Eine weitere Rarität aus dem Jahre 1949 ist Calypsoid Band (Cousin Jamie, Redhead, Tomato) aus einem Folkways-Album, das einzigartig ist. Es bietet lateinamerikanische Musikstücke die durch eine Gruppe aus dem Libanon mit arabischen Musikinstrumenten gespielt werden. Die Qualität bitte ich zu entschuldigen, aber 1949 waren die Aufnahmetechniken noch nicht so gut und eine Schallplatte wird auch nach knapp 50 Jahren nicht besser. Dennoch: absolut überzeugende Musik und vielleicht DIE erste Ethno-Clash-Aufnahme überhaupt. Kleiner Juwel.
13.An dieser Stelle mal etwas in Sachen "Verballhornung eines Love-Songs". Die Moldy Peaches interpretieren I Think I'm In Love. Ein wirklich lustiger Text, man kann die Ironie sogar in den Stimmen hören.
14.Auf The Jesus and Mary Chains Head On6 bin ich mehr oder weniger zufällig in der Musikbibliothek gestoßen. Es ist ein klassisches frühe 1990er Jahre Album aber hat viel mit den Songs der Mary Onettes gemein. Und dürfte darüberhinaus auch für so manchen Hörer dieser CD eine willkommene nicht-weltmusikalische Erholungsphase darstellen.
15.Wieder aus einem Soundtrack stammt De Usuhaia A La Quiaca. Ich habe diese CD schon sehr lange aber der Titel ist immer wieder bemerkenswert. Man kann ihn hier in Deutschland hören und ganz schnell vergessen, dass sich draußen keine weiten Ebenen erstrecken sondern Wohnblöcke stehen.
16.Eine Marinera habe ich auch noch herausgesucht, sie stammt ebenfalls von einem Folkways-Album aus den 1950er Jahren. Marinera ist ein sehr ausdrucksvoller und leidenschaftlicher Tanz der Küstenregionen in Peru. Das ist wie mit der Paella, jede Küstenregion hat ihre (wenn nicht sogar DIE ECHTE) Marinera. Falls jemand gut im Tanzen ist, der Wettbewerb mit den besten Marinera-Paaren findet jährlich im Januar in Trujillo/Peru statt. Ein Jahr Vorbereitung habt ihr ja noch...
17.Falling on a Bruise ist wieder Kritik am Zeitgeist in musikalischer Form. Carter The Unstoppable Sex Machine war schon mal auf dem Mixtape mit einem Titel aus A World Without Dave. Was soll ich noch sagen? Carter schrieb 1991 gleichermaßen zynisch und verachtend, wie auch 2000.
18.Bei Mist handelt es sich um ein Stück vom ersten Album von The Diableros. Mir gefällt sehr gut die Nähe zu Arcade Fire. Für weitere Einschätzungen muss ich das Album noch öfter in Ruhe hören. Ach ja, Mist = Nebel, nur um Verwechslungen vorzubeugen.
19.So, ich habe mit dem Pfad und der Gipfelbesteigung angefangen und genau damit höre ich auch auf. Go Forward von Lisa Gerrad aus dem Soundtrack zum phantastischen Film Whale Rider. Mein ethnomusikalisches Zentrum im Gehirn wird immer ganz unruhig, wenn der Maori-Chor einsetzt. Falls euch das nicht so geht, ja.., dann beherzigt doch einfach das Motto und Titel dieses Songs.
Viel Vergnügen beim Hören wünscht und bis bald.
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1 Smithsonian Folkways Records ist am ehesten vergleichbar mit dem Musikarchiv der Deutschen Bücherei. Ein Traum wäre für mich mal ein Praktikum bei Folkways - da lagern echte Schätze aus den 1940er Jahren, vielleicht sogar noch ältere Wachs-Walzenaufnahmen.
2 Und genau dieser Pfad ist diese CD.
3 also, Augen zu, Ohren auf und auf Play gedrückt.
4 Der Bananenverkäufer oder wollen wir sagen: Bananarist? So wie in Florist ;-)
5 Die Chicha-Handlung. Man erfährt, dass die Chicha aus Terra Nova, einer Region in Peru, die Beste unter den Getränken ist. Und natürlich, wie könnte es anders sein, Chicha hält Körper und Geist gesund. Wohl bekomm's !
6 (engl.) kopfüber